Dr. med. Andreas Sandhaus
Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie 

Schulter

Schultergelenkverletzungen

Das Schultergelenk als Kugelgelenk zeichnet sich durch seine hohe Beweglichkeit aus. Verletzungen des Schultergelenkes entstehen durch Stürze mit direktem Anprall auf das Gelenk, durch Verdrehtraumen, als auch durch Verletzungsmuster die mit einer hohen Zugkraft einhergehen. 

Schultergelenkprellungen und –zerrungen sind die häufigsten Verletzungen. Durch den Sturz auf das Schultergelenk kommt es zu einem Anprall der Gelenkstrukturen mit Ausbildung von Blutergüssen. Dies führt zu einer zeitlich begrenzten schmerzhaften Bewegungseinschränkung. Die Funktion des Schultergelenkes selbst ist aber nicht aufgehoben. Durch Kühlung und die Einnahme von Schmerzmedikamenten ist die Beschwerdesymptomatik schnell wieder aufgehoben.  

Stürze auf das Schultergelenk sind eine häufige Ursache von Brüchen der gelenkbildenden Knochen. Hierbei ist besonders die Oberarmkopfkugel betroffen,  wodurch die Beweglichkeit des Schultergelenkes sofort schmerzhaft aufgehoben ist. Es kommt zu einer sichtbaren Schwellung. Die durchzuführende Röntgenuntersuchung zeigt dann den Bruch des Oberarmkopfes, dieser wird operativ behandelt. Hierbei werden die Bruchenden wieder aufeinandergestellt und in der Regel durch eine spezielle Platte miteinander befestigt. Anschließend kann direkt mit einer Bewegungstherapie begonnen werden. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass das Schultergelenk nach solchen schweren Verletzungen wieder beweglich ist. Selten kann der Oberarmkopf so zerbrechen, dass eine Rekonstruktion nicht mehr möglich ist. Dann werden die Oberarmkopfteile operativ entfernt und durch ein künstliches Gelenk ersetzt.

Bei bestimmten Verletzungen ist die einwirkende Kraft so groß, dass die Schultergelenksehnen zerreißen können. Die Sehnen des Schultergelenkes ummanteln den Oberarmkopf und ermöglichen die Bewegung des Armes in allen Richtungen. Kommt es zu einer Zerreißung, so ist die Bewegung aufgehoben. Am häufigsten ist die Supraspinatussehne betroffen. Der Arm kann seitlich nicht mehr angehoben werden. Die Diagnose wird durch die Durchführung einer Kernspintomographie gestellt. Der Sehnenriss muss operativ behandelt werden, dabei wird die Sehne an den Oberarmkopf angenäht. Es schließt sich eine längere Rehabilitationsbehandlung zur Wiederherstellung der Beweglichkeit des Schultergelenkes an. 

Eine besonders schwere Verletzung stellt die Schultergelenkauskugelung (Luxation) dar. Hierbei verschiebt sich die Oberarmkugel aus dem Kugelgelenk. Die Beweglichkeit ist sofort schmerzhaft aufgehoben. Durch ein Röntgenbild kann die Diagnose sofort gestellt werden, in einer kurzen Narkose muss das Schultergelenk wieder eingerichtet werden. Häufig kommt es jedoch zu einer Zerreißung der Bänder und der sogenannten Gelenklippe. Verletzungen dieser Strukturen führen zu einer Instabilität des Gelenkes mit immer wiederkehrenden Auskugelungen. Aus diesem Grunde wird eine Schultergelenkspiegelung mit Rekonstruktion der Bänder und wieder Anheften der Gelenklippe an die Gelenkpfanne durchgeführt. 

Häufige Verletzungen betreffen das Schultereckgelenk und den körperfernen Anteil des Schlüsselbeines. Insbesondere bei Fahrradstürzen sind diese Strukturen mit betroffen. Bei einem Bruch des Schlüsselbeines ist die Schultergelenkbeweglichkeit schmerzhaft eingeschränkt. Je nach Bruchform müssen Schlüsselbeinbrüche häufig operativ behandelt werden. Durch Stifte die in den Knochen geführt, oder durch Platten die auf das Schlüsselbein aufgebracht werden, können die Brüche innerlich gerichtet und ruhig gestellt werden. In der Regel kommt es hier zu einer folgenlosen Ausheilung. 

Das Schultereckgelenk wird aus dem körperfernen Schlüsselbein und dem Schulterdachknochen gebildet. Es wird durch Bänder zusammengehalten. Beim Sturz auf das Schultergelenk oder auf den ausgestreckten Arm, können diese Bänder dann zerreißen. Die Folge ist ein Hochstand des körperfernen Schlüsselbeinanteiles. In der Röntgendiagnostik lässt sich das Ausmaß der Verletzung feststellen. In der Regel kann durch eine nicht operative Therapie mit Ruhigstellung des Gelenkes durch einen Zügelverband die Verletzung zur Ausheilung gebracht werden. In bestimmten Fällen ist eine operative Therapie erforderlich. Hierbei wird das Gelenk offen wieder eingestellt und die Bänder werden genäht. Es schließt sich eine längere Zeit der Bewegungseinschränkung an.   


Was tun, wenn die Schultersehne reißt? 

Ein intaktes Schultergelenk ist eine wichtige Voraussetzung für den Ablauf des  täglichen Lebens. Bereits kleine Störungen im Schultergelenk führen zu heftigen Schmerzen in Ruhe, als auch bei Bewegung. Viele Patienten klagen über nächtliche Schmerzen. 

Das Schultergelenk ist ein Kugelgelenk und hat als solches mit das größte Bewegungsausmaß der menschlichen Gelenke. Die gezielte Führung und die gezielte Bewegung wird durch eine Vielzahl von Sehnen, die am Oberarmkopf ansetzen, ermöglicht. Diese Sehnen werden Rotatorenmanschette genannt. Kommt es zu Störungen dieser Rotatorenmanschettensehnen, so wird die Beweglichkeit eingeschränkt, es entstehen  Schmerzen und Funktionseinbußen. 

Veränderungen der Schultergelenksehnen werden mit zunehmenden Alter häufiger. Insbesondere im 5. und 6. Lebensjahrzehnt sind bei vielen Patienten Sehnenteilrisse zu sehen. Diese Sehnenteilrisse führen nach neueren Untersuchungen in 70 % der Fälle innerhalb weniger Jahre zu Komplettrissen. 

Die häufigste Ursache für diese Sehnenrisse ist die natürliche, altersbedingte Degeneration. Das Sehnengewebe ist schlechter durchblutet, es verfettet. Somit ist die Rissbereitschaft erhöht. Bei einer Vielzahl von Patienten führt eine Verengung unter dem sogenannten Schulterdach (Impingement-Syndrom) zu Verletzungen der Sehne. 

Anfänglich bestehen Schmerzen beim Anheben und wieder Herabnehmen des Armes, der sogenannte schmerzhafte Bogen. Unbehandelt wird durch den Platzmangel unter dem Schulterdachknochen die Sehne aufgefranst und im weiteren Verlauf kann sie zerreißen. Bei Patienten unter dem 40. Lebensjahr sind Sehnenrisse selten (5 %). Die Mehrzahl dieser Patienten zeigen  aufgrund von Überkopfsportarten oder bedingt durch Unfälle Sehnenteilrisse. 

Sehnenteilrisse  und Verengungen unter dem Schulterdach können durch eine einfache klinische Untersuchung festgestellt werden. Wegweisend sind im weiteren Verlauf jedoch die Ultraschalluntersuchung und die MRT (Kernspintomographie) Untersuchung. Hierbei können die Sehnenrisse sicher diagnostiziert werden. 

Die Behandlung der Sehnenrisse und deren Vorstufe erfolgt zunächst konservativ. Unter einer entsprechenden physiotherapeutischen Behandlung wird der Raum unter dem Schulterdachknochen wieder erweitert. Hierdurch hat die Sehne mehr Platz, die Schmerzsymptomatik ist hierdurch rückläufig. Bei erheblichen Schmerzen kann eine lokale Infiltration eines Cortikoids zeitlich limitiert die Beschwerden lindern. 

Größere Teilrisse oder Komplettrisse der Sehne sollte operativ therapiert werden. Durch eine Schultergelenkspiegelung (Arthroskopie) können die Sehnen und deren Einrisse sicher beurteilt werden. Begleiterkrankungen können sofort mit behandelt werden, z. B. kann durch eine sparsame Entfernung des Schulterdachknochens per Spiegelung der Raum für die Sehne erweitert werden (arthroskopische Acromioplastik). Bei Teilrissen oder Komplettrissen der Schultersehnen müssen diese wieder an den eigentlichen Ansatzpunkt des Knochens refixiert werden. Nach dieser Operation schließt sich jedoch eine lange Nachbehandlungszeit für den Patienten an. In den ersten Wochen nach der Operation wird durch ein Schulterkissen das Gelenk ruhig gestellt. Im weiteren Verlauf müssen dann die Bewegung und die Funktion langsam wieder aufgebaut werden.

In manchen Fällen kann ein Sehnenriss operativ nicht rekonstruiert werden. Kommt es trotz Ausschöpfung der  konservativen  Maßnahmen zu einer anhaltenden Schmerzsymptomatik,  ist in diesen Fällen  die Versorgung mittels eines künstlichen Schultergelenkes indiziert. Hierbei wird eine sogenannte umgekehrte Prothese eingesetzt. Dabei werden die gelenkbildenden Anteile, der Oberarmkopf und die Schultergelenkpfanne, gegen künstliche Teile ausgetauscht. Der künstliche Kopfanteil wird hierbei auf die ehemalige Gelenkpfanne gesetzt und die Gelenkpfanne auf den körpernahen Oberarm. Hierdurch ist eine sichere Führung des künstlichen Gelenkes trotz fehlender Schultersehnen möglich. 

Schulterschmerzen sind oft durch Veränderungen der Schultergelenksehnen bedingt. Diese können gut und erfolgreich therapiert werden. Bei Teil- oder Komplettrissen sollte eine operative Therapie eingeleitet werden.


Die Schulter schmerzt! Kalk?   

Es gibt viele Ursachen für eine schmerzhafte Schulter. Manchmal sind es einfach nur Verkalkungen, die schon ab dem 30. Lebensjahr auftreten können und Schmerzen verursachen. Der Altersgipfel liegt zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr. Männer sind häufiger als Frauen betroffen. 

Die Beschwerden der Patienten mit einer Kalkschulter sind sehr unterschiedlich. In der Frühphase einer Kalkbildung kann dies ohne jegliche Schmerzen einhergehen. Der Kalk wird im Sehnengewebe gebildet. Im 2. Stadium treten plötzlich ausgeprägte Ruheschmerzen auf. Diese werden durch Bewegungen verstärkt. Im weiteren Verlauf wird der Arm in einer Schonhaltung am Körper gehalten, die Bewegung ist schmerzhaft aufgehoben. Die Schmerzen strahlen dabei in den Oberarm aus, manchmal sogar bis in das Handgelenk. 

Bei einigen Patienten ist nur die Bewegung schmerzhaft, besonders die Seitwärtsbewegung und das Anheben des Armes nach vorn in einem Winkel um 90°. Wird der Arm darüber hinaus angehoben, so ist der Schmerz oft nicht mehr vorhanden. Man spricht von einem schmerzhaften Bewegungsbogen. 

Andere Patienten klagen wiederum lediglich über nächtliche Ruheschmerzen, besonders beim Liegen auf der betroffenen Seite. 

Die Kalkablagerungen liegen in der Regel im Sehnengewebe des Schultergelenkes, besonders in der Schulterhauptsehne (Supraspinatussehne). Manchmal sind die Verkalkungen auch in dem über dem Sehnengewebe gelegenen Schleimbeutel (Bursa) lokalisiert. Die Ursache der Entstehung einer Verkalkung ist völlig unklar. 

Die Verkalkungen führen zu einer Entzündung des umliegenden Gewebes und hierdurch zu starken Schmerzen. Bei großen Kalkdepots kommt es zu einem Engpasssyndrom (Impingement) zwischen dem Schulterdachknochen und dem Schultersehnengewebe. Dies führt dann zu schmerzhaften Bewegungseinschränkungen (schmerzhafter Bogen). 

Durch die klinische Untersuchung des Patienten kann bereits die Verdachtsdiagnostik gestellt werden. Im Röntgenbild des Schultergelenkes, als auch in der Ultraschalluntersuchung kann der Kalk sicher nachgewiesen werden. Eine Kernspintomographie kommt nur dann in Frage, wenn Begleiterkrankungen wie Sehnenrisse ausgeschlossen werden sollen. 

In der Diagnostik sind andere Schultererkrankungen auszuschliessen. Bei linksseitigen Schulterschmerzen muss immer an die Möglichkeit einer Herzerkrankung gedacht werden. Gegebenenfalls müssen entsprechende Untersuchungen durchgeführt werden.

Die Therapie einer Kalkschulter besteht zunächst in der Einnahme schmerz- und entzündungshemmender Medikamente, sowie lokalen Kühlungsmaßnahmen. Bei starken Schmerzen wird das Schultergelenk in einer speziellen Bandage ruhig gestellt. Lokale Infiltrationen mit einem Betäubungsmittel (Lokalanästhetikum) kombiniert mit einem Cortisonpräparat führen zu einer Entzündungshemmung und zu einer Linderung der Schmerzsymptomatik. Nach Rückgang der starken Schmerzen erfolgt die Wiederherstellung der Beweglichkeit mittels Physiotherapie. 

Eine Stoßwellentherapie kann die konservative Therapie unterstützen. Hierdurch soll es zu einer Auflösung des Kalkherdes kommen. Es werden physikalische Druckimpulse gesetzt, die zu einer verbesserten Durchblutung und zu einer Neueinsprossung von Gefäßen führen. Hierdurch wird das Kalkdepot aufgelöst. 

Ist die konservative Therapie erfolglos, sollte eine operative Therapie erwogen werden. Die Kalkentfernung erfolgt dabei minimalinvasiv  mittels einer Spiegelung des Schultergelenkes (Arthroskopie). Diese Operation wird im Rahmen eines ambulanten Eingriffes durchgeführt. Die in der Sehne gelegene Verkalkung wird identifiziert, eröffnet und dann entfernt. Anschließend erfolgt im Rahmen einer physiotherapeutischen Nachbehandlung die Wiederherstellung der Beweglichkeit.